Die bisher als Instandhaltungsrücklage bezeichnete Rücklage der WEG erhält mit der WEG-Reform eine neue Bezeichnung. Sie heißt seit dem 01.12.2020 Erhaltungsrücklage. Die Unterscheidung zwischen Soll- und Ist-Rücklage bleibt bestehen. Hierin liegt eine ständige Fehlerquelle in Jahresabrechnungen. Für Eigentümer ist es wichtig zu prüfen, dass die Ist-Rücklage auch tatsächlich am Konto vorhanden ist. Andernfalls liegt womöglich ein Abrechnungsfehler vor, im Schlimmsten Falle merken Sie so, dass Gelder entwendet wurden. Wir klären in diesem Beitrag die wichtigsten Fragen zur Erhaltungsrücklage.
Warum heißt die Instandhaltungsrücklage jetzt Erhaltungsrücklage?
Der Namenswechsel soll verdeutlichen, dass die Gelder für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnanlage verwendet werden sollen. Rund 80% der Wohngebäude in Deutschland wurden zwischen 1960 und 1980 erbaut. Diese Gebäude unterliegen teilweise einem massiven Instandhaltungsstau. Nur, wenn auch Eigentümergemeinschaften verstärkt auf energetische Modernisierung setzen, können die Klimaziele erreicht werden. Um ein psychologisches Signal zu setzen, hat daher der Gesetzgeber die Bezeichnung der Erhaltungsrücklage geschaffen.
Wie hoch sollte die Erhaltungsrücklage sein?
Die Höhe der Erhaltungsrücklage kann durch Beschluss der Eigentümergemeinschaft geregelt werden. Das Gesetz sieht lediglich vor, dass eine Erhaltungsrücklage in angemessener Höhe angesammelt werden soll (§19 Abs. 2 Nr. 4 WEG). Speziell für Altbauten kann die Peterssche Formel als Berechnungsmaßstab für die Höhe der Erhaltungsrücklage gewählt werden. Sie sieht die nachfolgende Formel vor:
Höhe der jährlichen Rücklage = Baukosten pro m2 x 1,5 : 80 Jahre x 0,7 x Fläche in m2
Die Peterssche Formel geht davon aus, dass innerhalb von 80 Jahren die 1,5-fachen Baukosten je m2 für die Instandhaltung anfallen. 70% der Erhaltungskosten entfallen dabei auf das Gemeinschaftseigentum, 30% auf das Sondereigentum. Für Baukosten von 3.000 Euro je m2 bei einer 70 m2 großen Wohnung betragen die jährlichen Rücklagen somit rund 2.760 Euro. Pro Monat immerhin 230 Euro. In der Praxis wird die Peterssche Formel nur selten angewandt. Tatsächlich werden die Rücklagenzahlungen meist deutlich niedriger angesetzt. Sie sollten aber je nach Gebäudezustand und finanzieller Möglichkeiten der Eigentümer zwischen 7 und 10 Euro je Quadratmeter und Jahr liegen.
Müssen die Eigentümer in einer Mehrhausanlage auch getrennte Rücklagen bilden?
Sofern die Gemeinschaftsordnung in einer Mehrhausanlage eine getrennte Führung der Erhaltungsrücklage vorsieht, sind auch für alle Untergemeinschaften getrennte Rücklagen anzulegen. Räumt die Gemeinschaftsordnung den Eigentümern einer Untergemeinschaft nicht nur die Möglichkeit ein, alleinig über die Instandhaltungsmaßnahmen der Untergemeinschaft zu entscheiden, sondern teilt diesen auch die Kostentragung der Maßnahme zu, so haben die Eigentümer der Untergemeinschaft auch die alleinige Beschlusskompetenz über die Beträge der angesparten Erhaltungsrücklage (BGH, Urteil v. 10.11.2017 – V ZR 184/16; ZMR 2018, 234).
Darf die Erhaltungsrücklage für die Finanzierung des laufenden Betriebs verwendet werden?
Die Erhaltungsrücklage ist zweckgebunden für Erhaltungsmaßnahmen. Diese Zweckgebundenheit gilt unabhängig davon, ob die Verwaltung die Zuführungsbeträge bereits mit der Zahlung auf ein separates Konto abführt. Eine Verpflichtung des Verwalters zu einer monatlichen Umbuchung der eingezahlten Erhaltungsrücklage vom Girokonto auf ein Sparkonto besteht zwar nicht, sie ist aber dringend zu empfehlen. Nur so können Sie verhindern, dass die eingezahlten Beträge zur Rücklage dazu verwendet werden die Kosten der laufenden Verwaltung zu begleichen. Dies stellt eine zweckwidrige Entnahme aus der Erhaltungsrücklage dar (BGH, Urteil v. 04.12.2009 – V ZR44/09; ZMR 2010, 300).
Worin besteht der Unterschied zwischen Soll- und Ist-Rücklage?
Die Soll-Rücklage bezeichnet den Bestand der Rücklage, der dann bestehen würde, wenn alle Eigentümer Ihren Rücklagenzahlungen gemäß Wirtschaftsplan vollständig nachkommen würden. Wir beispielsweise bei einer neuen Wohnanlage im Wirtschaftsplan beschlossen, dass die jährliche Rücklagenzuführung 10.000 Euro betragen soll, ist der Soll-Stand der Rücklage in der Abrechnung 10.000 Euro. Kommt ein Eigentümer der Wohnanlage seinen Beitragsverpflichtungen zur Rücklage nicht nach und hat beispielsweise offene Verbindlichkeiten gegenüber der Erhaltungsrücklage der WEG von 1.000 Euro, so beträgt die IST-Rücklage lediglich 9.000 Euro.
Darf die IST-Rücklage Forderungen enthalten?
Die Antwort hierauf ist NEIN! Auch, wenn Verwaltungen immer wieder versuchen über das Einrechnen von zukünftigen Forderungen die Rücklagen besonders hoch darzustellen, ist dies nicht erlaubt. Die IST-Rücklage muss sich also auf den Konten der WEG befinden. Ist auf den Konten der WEG zum 31.12.2021 nicht ein Betrag mindestens in Höhe der Erhaltungsrücklage vorhanden, sollten Sie Ihre Verwaltung mit diesem Umstand konfrontieren. Es ist wahrscheinlich, dass in diesem Fall Gelder der WEG fehlen!
Unser Tipp für die Belegprüfung:
Gleichen Sie die IST-Rücklage mit dem Kontostand des Sparkontos für die Erhaltungsrücklage ab. Stimmen die Beträge nicht überein, sollten Sie sich von der Verwaltung zeigen lassen, welche Beträge am Girokonto der WEG für die Rücklage reserviert sind. Bestehen Sie als Beirat in jedem Fall darauf, dass die Differenz aus Soll- und Ist-Rücklage dem Sparkonto der Erhaltungsrücklage durch Überweisung zugeführt wird.